PM: Einheimische Wälder nicht verheizen

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und die kalten Herbst-/Wintermonate stehen vor der Tür. Der Bedarf und Wunsch nach einem lauschig warmen Zuhause wird in diesem Jahr aufgrund einer möglichen Gasmangellage und den damit einhergehenden massiv steigenden Energie- bzw. Heizkosten getrübt. Es scheint daher naheliegend auf Holz als wärmebringenden Brennstoff zurückzugreifen. Dass dies zu kurz gedacht ist, hat viele Gründe:

Der Waldzustand ist dramatisch

Noch nie haben unsere Wälder so gelitten wie derzeit. Dürreperioden, sommerliche Extremtemperaturen und damit verbunden ein struktureller Wassermangel der Wälder haben zu Absterbeprozessen und schweren Schädigungen des Ökosystems Wald geführt. Verschärft wird die dramatische Lage des Waldes durch einen enormen Druck auf die Rohstoffreserve Holz. Im Bereich der Wärmeenergie entsteht ein teilweise irrationaler Run auf Brennholz, obwohl sich die Preise binnen Jahresfrist etwa verdoppelt haben.

Holzverbrennung vs. Waldgesundheit

Die Strategie zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Waldökosysteme muss eine Erhöhung des Holzvorrates, einschließlich des Totholzanteils und eine Dichthaltung der Waldbestände zur Folge haben. Nur bei Widerherstellung des Waldinnenklimas kann der Wald seine Funktion als große Klimaanlage und als Kohlenstoffspeicher erfüllen. Bildlich gesprochen: Die Anforderungen des Waldes und die Gier nach Rohstoffen, insbesondere nach Brennholz stehen sich wie zwei Boxer in der Ringecke gegenüber. Wir können unseren Wald nicht gesunden lassen und ihn gleichzeitig weiter als Rohstofflager strapazieren.

Holzverfeuerung ein Klimakiller

Die Verfeuerung von Holz ist nicht klimaneutral, wie es landläufig kommuniziert wird. Die Verfeuerung von Holz trägt deutlich zum Treibhauseffekt bei, unabhängig davon, ob die Verbrennung in Form von Waldbränden oder am heimischen Kamin erfolgt. Der über Jahrzehnte im Holz angesammelte Kohlenstoff wird mit einem Schlag als das Klimagas CO2 freigesetzt. Holz wächst nur an Holz, daher die von uns bestaunte Jahrringstruktur des Rohstoffes. Verheizen wir diesen Rohstoff, verliert der Wald auf viele Jahrzehnte seine Fähigkeit Kohlenstoff zu binden. In unseren Wäldern gibt es keinen Rohstoff Holz, der noch frei verfügbar wäre. Mittelfristig müssen wir uns von dieser archaischen Form der Holznutzung vollständig verabschieden. Dabei ist es unerheblich, ob die Verbrennung in kleinen Öfen oder in Biomasse- Heizkraftwerken erfolgt. Selbst das im Rahmen der Kalamitäten angefallene Holz wird dringend im Waldökosystem als Nährstoffreserve, als Startkapital für die nächste Waldgeneration und als
Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten dringend benötigt.

Die künstliche Verknappung des Rohstoffes

Der Brennholzboom der vergangenen Wochen zeigt einige Parallelen zur „Toilettenpapierkrise“ in den Anfängen der Corona-Pandemie. Die vermeintliche Knappheit führt zu Hamsterkäufen, die das Produkt tatsächlich verteuern. Eine kurzfristige Bereitstellung zur Befriedigung der hohen Nachfrage wäre weder möglich noch sinnvoll. Brennholz sollte mindestens 2 besser, 3 Jahre gelagert und getrocknet werden, damit die Holzfeuchte unter 20 % absinkt. Wird es dennoch vorher verfeuert, steigen Abgaswerte und das Holz verbrennt unter Freisetzung von Feinstaub und dem für den Menschen gefährlichen Gas Kohlenmonoxid.

Erhöhte Waldbrandgefahr durch Totholz?

Ja, es wird immer wieder vorgetragen, das Totschlagargument mit der Waldbrandgefahr. Daher noch ein kurzer Faktencheck zur Auffassung: Ein aufgeräumter Wald vermindert die Waldbrandgefahr. Es gibt in Mitteleuropa keine Waldbrände, sondern Forstbrände in Nadelwaldbeständen, in denen Stoffe wie Baumharze und Terpene fast explosionsartig verbrennen, so immer wieder in den Trockengebieten von Brandenburg. Das absterbende Holz hat noch immer eine Holzfeuchte von 50 bis 60%, auch wenn es noch so trocken aussieht. In intakten Waldökosystemen Mitteleuropas wird die Ausbreitung eines Feuers vom Wald selbst verhindert (anders sieht die Gefahr in den Wäldern der Taiga oder der Mittelmeerregion aus). Das Aufräumen des abgestorbenen Holzes schwächt die Vitalität des Waldes und trägt nicht zu einer höheren Widerstandsfähigkeit gegen Waldbrände bei.

Brennholz aus dem Stadtwald?

Ein großer Teil des Holzeinschlages aus dem Stadtwald wird verfeuert. Die Stadtwerke Speyer kaufen Brennholz zur Verfeuerung in Brennöfen in Quartiersheizungen. Nach den Ergebnissen des Forsteinrichtungswerkes ist der Speyerer Wald ohnehin sehr arm an Holzvorräten. Im Sinne einer Klimastrategie und nach den Anforderungen des Artenschutzes muss der Speyerer Wald älter und reicher an Holzvorräten werden. Dies erfordert einen deutlich reduzierten Einschlag gegenüber den bisherigen Hiebsätzen. Es stellt sich somit nicht die Frage, ob zusätzlich Brennholz aus den Waldbeständen bereitgestellt werden kann, sondern die Frage wie der Ausstieg aus der archaischen Nutzung von Holz beschleunigt werden kann. Übergangsweise ist die Bereitstellung aus dem Einschlag gebietsfremder Baumarten Robinie, Roteiche oder Götterbaum denkbar.

Brennholz – keine Lösung für die Wärmekrise

Wie also reagieren auf den vielleicht anstehenden Wärmemangel? Brennholz ist sicher nicht die richtige Antwort auf den entstehenden Mangel. Einsparung des Konsums, teilweise Verzicht auf Komfort und der rasche Umstieg auf regenerierbare Wärmequellen sind die einzige Alternative. Wälder sind viel zu schade zum Verheizen!

Volker Ziesling, Stadtrat (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Speyer)