Jana Eckelt, Architektin aus Landau, ist Expertin für feministische Stadtplanung. Mit ihrer Masterarbeit „Feminist Planning: Eine feministische Perspektive auf patriarchal geprägte Stadtstrukturen und Architektur“ engagiert sie sich für eine gleichstellungsorientierte Gestaltung von Städten.
Mit einem besonderen Fokus auf feministische Perspektiven macht sie sichtbar, wie stark die Gestaltung von Straßen, Plätzen und Wohnraum das Leben prägt. Am Dienstag, den 7. Oktober, war sie im Grünen Büro in Speyer zu Gast, wo sie die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit vorstellte.
Städte würden bis heute überwiegend von Männern geplant, so Jana Eckelt, was spürbare Auswirkungen auf Sicherheit, Bewegungsfreiheit und Aufenthaltsqualität für Frauen, Kinder, SeniorInnen und queere Personen habe. „Die Stadt ist das gebaute Abbild der gesellschaftlichen Ordnung“. Mit dieser These weist Jana Eckelt auf „ungleiche Räume“ und die daraus resultierenden „ungleichen Chancen“ hin. Die „funktionale Stadt“ baue auf patriarchalischen Grundsätzen auf. Die Partizipation der Frau werde vernachlässigt.
Die Frage, für wen feministische Planung Bedeutung habe, beantwortet Jana Eckelt mit „für alle, die nicht männlich, CIS (eine Person identifiziert sich mit dem Geschlecht, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde), hetero oder ohne Behinderung sind.
Es gebe drei Prinzipien des feministischen Raums: Diversität, Care-Arbeit und Nachhaltigkeit. Dabei spiele die Partizipation, also die Einbeziehung von Alltagserfahrungen als Grundlage, eine fundamentale Rolle.
Auf diesen Prinzipien beruhend teilt Jana Eckelt „Feminist Planning“ in fünf Bereiche ein, für die sie für die ersten vier jeweils „Toolboxen“, also Werkzeuge zur Umsetzung, entwickelt hat.
- Sichtbarkeit
„Straßennamen gehören zum Gedächtnis einer Stadt“. (Rita Bake, deutsche Wirtschafts- und Sozialhistorikerin, Diplom-Bibliothekarin, Autorin und Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg).
Jana Eckelt stellt dieses Zitat an den Anfang ihres ersten Bereichs. Gendersensible Stadtplanung beschäftige sich mit der Sichtbarkeit von Frauen im öffentlichen Raum. Straßennamen, Plätze, Parks und Denkmäler beispielsweise erinnerten an große Persönlichkeiten, während Frauen in der Geschichtsschreibung ignoriert, übergangen und vergessen würden. Dies führe zu einer einseitigen, männlichen Darstellung von Geschichte. Weniger Sichtbarkeit von Frauen bedeute weniger Platz im Bewusstsein der Menschen.
Toolbox: Weibliche Anerkennung, Erinnerungsorte schaffen, paritätische Verhältnisse sicherstellen - Gesundheit
Es gehe nicht nur um fehlende Beachtung weiblicher Bedürfnisse in der Medizin, sondern auch um den – Toilettengang. Es gebe schlichtweg weniger Toiletten für Frauen im öffentlichen Raum und in aller Regel müssten sie – im Gegensatz zu Männern – auch noch bezahlt werden.
Toolbox: Bedürfnisorientiert denken, Ergonomie beachten, Fairness gewährleisten - Mobilität
„Ich versuche, das Verkehrssystem weniger behindertenfeindlich, weniger sexistisch, weniger rassistisch und weniger patriarchal zu gestalten“. (Katja Diehl, deutsche Autorin, Podcasterin und Verkehrswende-Aktivistin).
Jana Eckelt verweist mit diesem Zitat auf die „autogerechte Stadtplanung der 1960er und 1970er Jahre. Das Mobilitätsverhalten von Männern und Frauen unterscheide sich deutlich. Dies liege unter anderem an der unterschiedlichen Art von Arbeit, die Frauen und Männer leisten. Frauen erledigen immer noch einen großen Teil der Care-Arbeit, wohingegen Männer oftmals das Haupteinkommen einer Familie bestreiten. Dies spiegele sich im Mobilitätsverhalten wider. Während eine Arbeitende Person sich hauptsächlich zur Arbeit hin und wieder nach Hause bewege, seien die Bewegungsstrukturen von Menschen, die Care-Arbeit leisten, deutlich komplexer, etwa beim Weg zur Kita, beim Einkauf oder bei anderen Besorgungen.
Toolbox: Priorisierung, Barrierefreiheit, Stadt der kurzen Wege - Sicherheit
Das Thema „Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum“ sei der älteste und am weitesten verbreitete Themenbereich gendersensibler Stadtplanung. Statistisch gesehen fänden die meisten Gewalttaten zwar im häuslichen Umfeld statt, jedoch gelte der öffentliche Raum als allgegenwärtiger Gefahrenort für Frauen.
Unterschieden werde hier in „Angsträume“ und „Gefahrenräume“. Während erstere subjektiv als unsicher empfunden würden, seien Gefahrenräume Orte, an denen tatsächlich raumbezogene Kriminalität und antisoziales Verhalten nachgewiesen werden kann, wie beispielsweise durch die Polizei erfasste Delikte und Ordnungsstörungen.
Toolbox: Beleuchtung, soziale Kontrolle, Orientierung, Einsehbarkeit, Entsorgungsoptionen (Bsp.: Mülltonnen versperren Wege) - Öffentlich-privater Raum
In der heutigen Stadtlandschaft lösten sich die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum auf. Ein Parkplatz sei zunächst ein öffentlicher Raum, der durch einen Parkschein temporär zum privaten Raum werde. Ein Auto sei ein privater Raum, der Platz im öffentlichen Raum besetze. Eine Eintrittskarte ermögliche die private Nutzung eines Teils eines öffentlichen Raums. Dabei gebe es bei der Gestaltung öffentlicher Räume unterschiedliche Anforderungen an Frauen, Männer, Kinder, Senioren, Kultur oder Jahreszeit.
Jana Eckelts Vortrag schloss sich eine rege Diskussion an. Themen wie „Umsetzbarkeit feministischer Stadtplanung“ oder „Widerstand dagegen“ standen im Vordergrund aber auch die Frage, wie man eine gleichstellungsorientierte Stadtplanung ins Bewusstsein ruft. Nicht nur die Politik müsse weiter denken, auch Architekten könnten beispielsweise bei der Auftragsvergabe Bauherren für das Thema aktiv sensibilisieren, so die Meinungen.