Klimahysterie – un(verant)wort-lich!?

Es ist offiziell. Deutschland hat ein neues Unwort. Das Unwort 2019 lautet „Klimahysterie“. Kritisch sei die Frage erlaubt: braucht Deutschland ein Unwort? Ist es ein Zeichen verdrehter Sprache oder verdreht es die Sprache? Sprache manipuliert, Unworte auch. Bleiben wir bei den grünen Fakten!

Wie wird man ein Unwort?

Ein Unwort ist ein Wort, das einerseits durch seine hohe Frequenz im Diskurs auffällt und andererseits kontinuierlich sprachlich fehlleitet. Ein Unwort transportiert keine klare semantische Botschaft mehr, es täuscht. Die Verpackung und der Inhalt sind nicht stimmig.

Das Wort „Klimahysterie“ wurde gekürt, weil durch seine häufige Nutzung – so die Jury – „Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und in Debatten diskreditiert“ werden. Das stimmt. Deshalb wurde das Wort nun als „unangemessener Sprachgebrauch“ klassifiziert.

Weiter muss man sich aber fragen, ob Populismus das Unwort kreiert oder ob das Unwort den Populismus füttert. Und ob Populismus schnell zu Rechtspopulismus wird und Unwörter als sprachliche Instrumente missbraucht werden…

Warum das Klima?

Das Klima, das zunächst nur eine langfristige Auswertung von Klimaelementen ist, ist nicht nur Un-, sondern auch Reizwort. Dabei ist es nicht das Wort selbst, sondern der komplexe Background, dessen Zusammenhänge nicht einfach zu erschließen sind und zu oft zu einfach in vermittelbare Häppchen portioniert oder schlimmstenfalls populistisch missbraucht wird.

Gemeint ist aber der Klimawandel und noch genauer nicht der natürliche, sondern der vom Menschen gemachte, der wissenschaftlich belegt ist und sich in immer mehr Extremwetter wie Starkregen, Hitzeperioden oder Stürmen – auch in unserer Region – zeigt.

Was meint Hysterie?

In den 1980er Jahren wurde das Konzept der Hysterie aus der medizinischen Terminologie gestrichen, vierzig Jahre später wird der Begriff erneut mit einem Negativpreis ausgezeichnet. Der Ausdruck suggeriert ein (auf ein Ereignis stattfindendes) Reagieren, das durch Theatralik und einen übertriebenen Ausdruck von Gefühlen gekennzeichnet ist.

Ist es aber nicht völlig angebracht, mit Blick in die Zukunft emotional reagieren zu dürfen? Kann es sprachlich unangemessen und gleichzeitig inhaltlich angemessen sein? Und ist das vermeintliche Maß an Übertreibung nicht eine Frage der Perspektive, der persönlichen Wahrnehmung, der eigenen Überzeugung?

Jeder, der den Menschen gleichzeitig als Verursacher und Betroffenen wahrnimmt, auf komplexe Fragen keine einfachen Antworten erwartet, der darf sich auch sorgen. Nein, er muss es sogar! In einer Notlage auch mal hysterisch zu reagieren ist menschlich und darf nicht diskreditiert werden.

„Klimahysterie“ in Speyer?

25. Juli 2019, Speyer, 39,8 Grad. Ein neuer Hitzerekord vor Ort. Kein gutes Zeichen für Speyer! Wir GRÜNE in Speyer sind für klimasensible Entscheidungen im Stadtrat, klimabewusstes Handeln der Mitbürger*innen, klimaneutrale Mobilität und klimaförderliche städtebauliche Veränderungen (beispielsweise die Begrünung des Postplatzes, die Renaturierung des Speyerbachs, die Bepflanzung von Vorgärten, die Sicherung von Frischluftschneisen und er Schutz des Stadtwalds als kühlender Regulator des Stadtklimas). Wir müssen uns im Spannungsfeld von Agieren und Reagieren verantwortungsvoll bewegen.

Wir GRÜNE wollen das Thema nicht hysterisch, sondern besonnen angehen. Nicht mit einfachen Antworten, sondern mit mehrschichtigen Diskursen. Nicht diktiert, sondern gemeinsam gestaltet. Für ein grünes, klimafreundliches Speyer – ohne Hysterie.  Auch in 2020.

 

Ein Kommentar von Sascha Bassing

 

 

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Weiterlesen: „Klimahysterie muss kein böses Wort sein“ in: https://www.zeit.de/kultur/2020-01/unwort-des-jahres-2019-klimahysterie-instrumentalisierung

 

Quellen:

http://www.unwortdesjahres.net/

https://www.rheinpfalz.de/lokal/artikel/in-der-pfalz-weiter-extrem-heiss/

https://www.zeit.de/kultur/2020-01/unwort-des-jahres-2019-klimahysterie-instrumentalisierung